Die Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge – kurz ArbMedVV – soll helfen, arbeitsbedingte Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Unterteilt werden die Leistungen in die Pflichtvorsorge, die Angebots- und die Wunschvorsorge. Je nach Arbeitsumfeld werden verschiedene Leistungen und Maßnahmen nötig.

Die Notwendigkeit der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge
Arbeitgeber bauen auf gesunde Arbeitnehmer, die das Unternehmen zum Erfolg führen. Daran hat der
Arbeitgeber einen gewissen Anteil – er muss für die Gesundheit seiner Angestellten sorgen.
Die Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge sieht vor, dass sich Arbeitgeber um
Pflichtuntersuchungen der Arbeitnehmer kümmern müssen.
Dies hat auch den Hintergrund, dass sich Arbeitsbedingungen in vielen Arbeitsstätten gewandelt haben und mit den früheren
Belastungen nicht mehr vergleichbar sind. Hinzu kommt, dass die Arbeitnehmer immer älter werden.
Das nach oben korrigierte Rentenalter bewirkt immer ältere Mitarbeiter in den Unternehmen.

Der Gesetzgeber hat präventive Maßnahmen für notwendig erklärt, mit denen Berufserkrankungen frühzeitig erkannt und behandelt werden sollen. Die Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge ist das Ergebnis der entsprechenden Überlegungen. Sie soll dafür sorgen, dass körperliche und psychische Belastungen am Arbeitsplatz nicht zu groß werden.
Worauf basiert die Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge?
Die rechtliche Grundlage für alle Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge in Unternehmen bildet die
Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge. Diese wurde zum 18. Dezember 2008 verabschiedet und im
Oktober 2013 das letzte Mal überarbeitet.
Vorher waren die einzelnen Bestandteile über Arbeitsschutzverordnungen geregelt und fielen
teilweise unter das Unfallverhütungsrecht.
Die Verfügung hat bewirkt, dass die einzelnen Arbeitsschutzverordnungen
zusammengefasst und besser definiert wurden. Sie sind transparenter gestaltet und lassen die herrschende
Rechtslage klarer erkennen.

Das Ziel der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge besteht zum einen darin, Vorsorgemaßnahmen
für die Angestellten durchzusetzen. Zum anderen sollen arbeitsbedingte Erkrankungen sowie
anerkannte Berufskrankheiten verhütet werden.
Damit wird dem Erhalt der Arbeitsfähigkeit ebenso Rechnung getragen wie der Weiterentwicklung des
Gesundheitsschutzes im Unternehmen.
Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge: Pflichten des Arbeitgebers
Dem Arbeitgeber kommen in seinem Unternehmen umfassende Pflichten zu, zu denen die Beurteilung möglicher
Gefährdungen am Arbeitsplatz gehört. Der Arbeitgeber muss die gesundheitlichen Gefahren jedes
einzelnen Arbeitsplatzes erkennen und beurteilen können – vor dem ersten Arbeitstag des
betreffenden Mitarbeiters.
Um das Gefahrenpotenzial zu senken und die Sicherheit im Betrieb zu erhöhen, ist die Gefährdungsbeurteilung
immer zuerst vorzunehmen. Diese kann durch den Unternehmensleiter oder durch eine von ihm beauftragte
fachkundige Person vorgenommen werden. Fachkundig ist, wer eine entsprechende Ausbildung und/oder
berufspraktische Erfahrung auf dem geforderten Gebiet vorweisen kann.
Um die arbeitsmedizinische Vorsorge durchzuführen, muss der Arbeitgeber einen Arzt oder eine Ärztin
einstellen oder beauftragen, sofern es keinen Betriebsarzt gibt. Ist ein solcher vorhanden, soll dieser
vorrangig mit den Vorsorgemaßnahmen beauftragt werden.

Der Mediziner muss alle nötigen Informationen erhalten, er bekommt die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung
der einzelnen Arbeitsplätze übermittelt. Ihm muss Zugang zu allen Arbeitsbereichen gewährt
werden, damit er eine Risikobeurteilung vornehmen kann.
Die Maßnahmen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge muss der Arbeitgeber innerhalb der Arbeitszeit
durchführen lassen, das gilt auch für Eignungs- und Vorsorgeuntersuchungen.
Ein Nacharbeiten der benötigten Zeit darf nicht gefordert werden.
Die Leitung des Unternehmens ist laut Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge, hier im § 3,
verpflichtet, eine Vorsorgekartei zu führen. In dieser werden die Vorsorgeuntersuchungen
hinsichtlich ihrer Notwendigkeit dokumentiert.
Die gesammelten Daten werden für jeden einzelnen Mitarbeiter aufbewahrt, bis dieser aus dem
Unternehmen ausscheidet. An die zuständigen Behörden können Kopien der Daten übersandt
werden. Scheidet der Mitarbeiter aus dem Unternehmen aus, bekommt er ebenfalls eine Kopie seiner Daten
zu erfolgten Vorsorgemaßnahmen.
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Alle Städte anzeigenDie verschiedenen Vorsorgearten
In der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge geht es um die Pflicht-, die Angebots- und die Wunschvorsorge.
Diese drei Vorsorgearten gestalten sich wie folgt:

Pflichtvorsorge
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Vorsorgemaßnahmen zu veranlassen. Der Beschäftigte ist
verpflichtet, das Angebot wahrzunehmen.
Die Pflichtvorsorge findet vor der Aufnahme der Tätigkeit statt und muss in regelmäßigen
Abständen erneut vorgenommen werden. Die Pflichtvorsorge ist beispielsweise für alle wichtig,
die mit Biostoffen
konfrontiert werden.
Bauarbeiter unterliegen besonderen Gefahren und müssen eine Pflichtvorsorge angeboten bekommen. Die
Pflichtvorsorge tritt immer in Erscheinung, wenn gefährdende Arbeiten ausgeführt werden müssen.
Ermöglicht der Arbeitgeber keine Pflichtvorsorge, macht er sich strafbar.
Mögliche Tätigkeiten, die eine Pflichtvorsorge rechtfertigen, sind das Schweißen oder
Schneiden von Metall, Arbeiten in Laboratorien und Forschungseinrichtungen, Tätigkeiten mit
Gefahrstoffen, Arbeiten in Stäuben aller Art, Arbeiten mit Hochtemperaturwolle oder Feuchtarbeiten
von mindestens vier Stunden täglicher Dauer.
Die Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge sieht einen festen Termin vor, an dem die Arbeitnehmer
verpflichtend teilnehmen müssen. Die Untersuchungen dürfen nicht gegen den ausdrücklichen
Willen der Arbeitnehmer durchgeführt werden.

Angebotsvorsorge
Hierunter fallen verschiedene Maßnahmen, die dennoch verpflichtend sind. Gibt es am betreffenden
Arbeitsplatz eine Bedrohung durch bestimmte Stoffe, muss die Angebotsvorsorge wahrgenommen werden.
Das gilt auch, wenn Beschäftigte durch die Ausübung ihrer Tätigkeit erkranken oder wenn
eine lange Zeit zwischen der Ausübung einer Tätigkeit und dem Ausbruch einer Krankheit
liegt.
Wird das Arbeitsverhältnis beendet, überträgt sich die Verpflichtung zur Angebotsvorsorge
auf den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die von der Angebotsvorsorge betroffenen Berufsgruppen sind mit denen der Pflichtvorsorge vergleichbar,
allerdings ist der Unterschied in der Intensität der Gefahren. Diese ist hier weitaus geringer,
wenngleich sie vorhanden ist.

Wunschvorsorge
Arbeitgeber sind verpflichtet, Arbeitnehmern auf deren Wunsch hin eine arbeitsmedizinische Vorsorge
anzubieten.
Arbeitnehmer klagen über gesundheitliche Probleme, die beispielsweise aus dem Tragen von persönlicher
Schutzausrüstung entstehen. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit erhalten, den Betriebsarzt
oder den beauftragten Mediziner aufzusuchen und das Problem untersuchen zu lassen.
Hat die Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes ergeben, dass hier keine Gesundheitsschäden
im Sinne der Arbeitsmedizin vorliegen, kann auf die Wunschvorsorge verzichtet werden.
Die Wunschvorsorge baut auf der Überlegung, dass Menschen, die körperlich keiner großen
Belastung ausgesetzt sind oder nicht mit ausgewiesenen Gefahrenstoffen arbeiten, berufsunfähig
erkranken können. Hier liegen die Gefahren in mangelnder Bewegung und dem Schauen auf den
Bildschirm.
Sehprobleme und Haltungsschäden sind die Folge des ungesunden Arbeitens im Büro und führen
nicht selten zur Berufsunfähigkeit.
In den letzten Jahrzehnten ließ sich eine starke Steigerung von Berufserkrankungen feststellen,
die durch die Arbeit in einem reinen Büroberuf ausgelöst wurden. Auch die psychische Belastung
durch den stärker werdenden Termin- und Leistungsdruck hat in den letzten Jahren deutlich
zugenommen und führt dazu, dass viele Menschen berufsunfähig werden.
Den sogenannten „modernen Gesellschaftskrankheiten“ muss vorgebeugt werden, daher ist die
Wunschvorsorge ein wichtiger Baustein des persönlichen Gesundheitsschutzes.
Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge: Pflichten des Arztes
Der Arbeitgeber hat die Pflicht, seinen Angestellten den Zugang zur arbeitsmedizinischen Vorsorge zu ermöglichen. Auch der ausführende Arzt hat bestimmte Verpflichtungen zu erfüllen: Er muss sich über die Verhältnisse am Arbeitsplatz seiner Patienten informieren und sich alle notwendigen Kenntnisse zur Beurteilung des spezifischen Erkrankungsrisikos aneignen.

Nimmt er körperlich oder klinische Untersuchungen des Beschäftigten vor, ist zuerst zu überprüfen,
ob sie notwendig sind. Die Untersuchungen darf er nur nach Zustimmung durch den Patienten vornehmen. Der
Arzt unterliegt wie üblich der Schweigepflicht und darf gegenüber dem Arbeitgeber keine
Aussagen zur Untersuchung des einzelnen Mitarbeiters machen.
Zieht der Arzt ein Biomonitoring in Erwägung, muss er den Patienten darüber aufklären und
ihm mitteilen, dass dieses Vorgehen ein nötiger Bestandteil der Vorsorgemaßnahmen ist. Beim
Biomonitoring handelt es sich um eine Überwachung der Körperfunktionen und –flüssigkeiten,
welche durch verschiedene Analysen durchführbar ist.
Kommt der Arzt durch seine Untersuchungen zu dem Schluss, dass die Vorsorgemaßnahmen am Arbeitsplatz des Betreffenden nicht ausreichen, muss er den Arbeitgeber über die Notwendigkeit weiterer Schutzmaßnahmen in Kenntnis setzen. Möglich ist auch der Vorschlag zu alternativen Maßnahmen.
Der Arzt, der im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge tätig ist, muss die Bezeichnung „Arbeitsmediziner“ oder „Betriebsmediziner“ tragen und eine entsprechende Weiterbildung vorweisen. Außerdem darf er nicht gleichzeitig in der Position des Arbeitgebers stehen.
Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge und ihre Weiterentwicklung
Für viele Arbeitsbereiche fehlen aktuelle Erkenntnisse aus der Arbeitsmedizin. Bezugnehmend auf die
Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge wurde ein Ausschuss für Arbeitsmedizin gebildet, der
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu allen diesbezüglichen Fragen beraten
soll.
Der Ausschuss besteht aus Vertretern der Länderbehörden, der Arbeitgeber und der
Gewerkschaften, außerdem gehören Vertreter der gesetzlichen Unfallversicherung dazu. Sie
analysieren wissenschaftliche Erkenntnisse und werten diese in Bezug auf die Arbeitsmedizin aus.
Daraus resultieren Empfehlungen für die gesundheitliche Vorsorge in den Unternehmen. Die Verordnung
zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge wird ständig weiterentwickelt und komplettiert, wodurch sich
Änderungen ergeben, die Unternehmen beachten müssen.
Novellierung der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge
Bis zur Novellierung der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge, die am 30.11.2013 im
Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, gab es immer wieder Rechtsunsicherheiten in Bezug auf die
geltenden Regelungen.
Die Änderungen sollten nun das Recht der Arbeitnehmer auf eine arbeitsmedizinische Vorsorge sowie
auf die informierte Selbstbestimmung stärken. Außerdem galt es, arbeitsmedizinische
Untersuchungen von Eignungsuntersuchungen abzugrenzen.

Eine Vorsorgeuntersuchung ist nach Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge nicht mehr als solche zu
bezeichnen, sondern trägt nur noch den Namen „Vorsorge“. Sie gilt als
individuelle Arbeitsschutzmaßnahme und soll organisatorische und technische Maßnahmen ergänzen
und unterstützen.
Besondere Bedeutung bekommt das ärztliche Beratungsgespräch, in dem die individuelle
Gesundheitssituation beleuchtet wird. Arbeitnehmer sollen die Wechselwirkung zwischen ihrer Tätigkeit
und ihrer Gesundheit besser vor Augen geführt bekommen.
Untersuchungen dürfen nur mit Einverständnis des Betreffenden durchgeführt werden.
Ergänzt wurde die Pflicht zur Untersuchung auf krebserzeugende und erbgutverändernde Stoffe, da
viele davon bisher nicht in den Arbeitsplatzgrenzwerten definiert worden sind.
Eine Eignungsuntersuchung stützt sich nicht auf die rechtliche Grundlage der Verordnung zur
Arbeitsmedizinischen Vorsorge. Hierbei gilt es, herauszufinden, ob der Bewerber den gesundheitlichen
Anforderungen der Stelle gewachsen ist und damit die Tätigkeitsanforderungen erfüllt.
Bestehen gesundheitliche Bedenken, darf er die Tätigkeit nicht mehr ausüben.
Eignungsuntersuchungen sind von einer arbeitsmedizinischen Vorsorge getrennt durchzuführen.